Halbherzige Medien-Sektion: Alien Autopsy (2006) (2024)

Halbherzige Medien-Sektion: Alien Autopsy (2006) (1)

Alien Autopsy persifliert die Entstehung des Santilli-Videos. Die Satire zielt auch auf den Medienhype ab, trifft aber nicht so richtig.

Text: Patrick Torma. Bildmaterial: Warner.

Es ist 1995: Raubkopierer Ray (Declan Donnelly) und der Rechtsanwaltsfachangestellte Gary (Anthony McPartlin) treten karrieretechnisch auf der Stelle. Also kratzen die beiden Freunde die letzten Mäuse zusammen und reisen in die USA, wo sie seltene Aufnahmen aus Elvis’ Anfangstagen zu erwerben versuchen, in der Hoffnung, etwas Reibach auf dem britischen Heimvideomarkt zu machen. Doch der greise Filmdealer, mit dem sich Ray trifft, hat noch spektakulärere Bilder im Gepäck: Aufnahmen von der Autopsie eines außerirdischen Wesens, die der Verkäufer in jungen Jahren als Militärfotograf unmittelbar im Anschluss an den legendären Roswell-Vorfall gemacht haben will.

Diese Story klingt zu gut, um sie anderen zu überlassen. Für schlanke 30.000 Dollar tütet Ray den Sensationsfund ein. Zurück in Großbritannien stellt sich allerdings heraus, dass der betagte Film die Reise nicht überstanden hat. Um den sicheren Ruhm und reichlich Moneten gebracht, fassen die beiden Glücksritter einen Plan. Sie drehen die Alien-Schnibbel-Szenen kurzerhand nach – und treten damit eine weltweite UFO-Welle los …

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Alien Autopsy ist die humorvolle Dekonstruktion eines Fakes

Alien Autopsy – Das All zu Gast bei Freunden (war 2006 in Deutschland irgendetwas?) persifliert die Ereignisse, die Mitte der 1990er-Jahre durch die Veröffentlichung des Santilli-Films, benannt nach ihrem „Beschaffer“ Ray Santilli, ausgelöst wurden. Ausschnitte aus dem 16-minütigen Streifen, in dem ein vermeintlich echter, extraterrestrischer Leichnam auf einem Seziertisch die Hauptrolle spielt, gingen um die Welt. Alien Autopsy spielt mit der wilden Fundgeschichte, entlarvt jedoch das besagte Video als das, was es war: als einen Fake. Passend zum Kinostart des Films gab Santilli seinerzeit zu, die Obduktion nachgestellt zu haben. Aber nur, weil das Quellmaterial unter extremen Auflösungserscheinungen gelitten habe.

Lesetipp: Der alte Mann und das Alien. Ein Besuch beim britischen Künstler John Humphreys, der das Santilli-Alien designte.

Das ist der Part, den die britische Komödie – die mit Bill Pullmann, Harry Dean Stanton und Götz Otto in Nebenrollen über einen feinen Cast verfügt – am besten hinbekommt: Wenn ein Hoax zum Nachbarschaftsprojekt und ein Amateurfilm zum Heist des kleinen Mannes wird, ist das herrlich sympathisch. Da wird das Wohnzimmer der verreisten Schwester in eine Mini-Area 51 verwandelt. Der örtliche Fleischer erweist sich als Gorehound und zaubert aus seinem Sortiment ein paar schmoddrig-schöne Practical Effects.

Halbherzige Medien-Sektion: Alien Autopsy (2006) (3)

Ein stumpfes Satire-Skalpell und ein dummes Klischee

Den anschließenden Medienhype allerdings bekommt Alien Autopsy nicht so richtig zu fassen. Wir sehen, wie sich Sender aus aller Welt gegenseitig in ihren Angeboten für die nationalen Rechte überbieten. Wie Ray durch die Talkshows tingelt und in seinen Erzählungen immer doller wird, bis er die Kontrolle über die Bilder verliert. Das ist in etwa das, was in Wirklichkeit passiert ist.

Auf den Santilli-Film sprangen Medien an, die sonst weniger in dem Verdacht stehen, dem erstbesten Anflug von Sensationalismus zu erliegen. Doch so unwahrscheinlich die Echtheit der Bilder auch war: Wäre hier der Beweis für die Existenz von außerirdischem Leben über den Äther geflimmert, wer hätte sich schon nachsagen lassen wollen, diese Möglichkeit nicht zumindest in Betracht gezogen zu haben? Solange weder das eine, noch das andere belegt war, konnte man sich schön auf das Primat der Unterhaltung berufen.

Alien Autopsy verspielt seine Sympathien

Und doch: Für eine ernsthafte Mediensatire ist das Skalpell nicht scharf genug. Alien Autopsy weidet die Wirkmechanismen zwischen Berichterstattung und der Öffentlichkeit nur oberflächlich aus. Zum Ende hin greift der Film auch noch ganz übel daneben. Ja, wir haben verstanden: Für die Quote tun Medien eben alles, außer kritisch nachzufragen. Aber war es wirklich nötig, eine Journalistin zu etablieren, die Ray verführt, um an Exklusiv-Informationen heranzukommen? Der „Tauschhandel“ Sex gegen Story ist ein widerliches Klischee, mit dem sich Journalistinnen in Filmen leider immer wieder konfrontiert sehen. So verspielt man Sympathien bei Freunden.

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