Fall Benko: GKB-Präsident Fanconi prüft rechtliche Schritte (2024)

Peter Fanconi geriet wegen seiner Nähe zum österreichischen Milliardär René Benko in die Kritik. Eine Untersuchung stellt keinen Interessenkonflikt fest. Doch der Fall ist damit nicht erledigt – weder für ihn noch für die Bank.

Lorenz Honegger

4 min

Fall Benko: GKB-Präsident Fanconi prüft rechtliche Schritte (1)

«Keine Vorteilsnahme und keine Interessenkonflikte erkennbar»: Auf dieses Ergebnis hatte Peter Fanconi, Verwaltungsratspräsident der Graubündner Kantonalbank (GKB), gehofft. Seit Wochen stand er unter Druck. Die GKB hatte im März bei ihrer Revisorin EY eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um die Umstände rund um eine Kreditvergabe der GKB an die österreichische Immobilien- und Detailhandelsgruppe Signa in der Höhe von über 60 Millionen Franken zu klären.

Auslöser für die Untersuchung waren Medienberichte, laut denen Fanconi für Signa-Haupteigentümer René Benko als Türöffner bei Schweizer Banken fungiert und sich gleichzeitig an einzelnen Signa-Gesellschaften beteiligt hatte. Auch privat soll er mit Ex-Milliardär Benko, der inzwischen Insolvenz angemeldet hat, eng verkehrt haben, was Fanconi jedoch bestreitet.

Am Donnerstag bescheinigte EY der GKB und Fanconi in einem Bericht, dass bei den Krediten der GKB an Benkos Signa-Gruppe alles ordnungsgemäss vonstattengegangen sei. Fanconi habe sich an alle internen Regeln gehalten und alle Offenlegungs- und Meldepflichten eingehalten.

Der entlastete Bankpräsident sagt im Gespräch mit der NZZ, er sei erleichtert, und betont, er habe nie etwas verheimlicht und sich stets seriös und ehrlich verhalten.

Doch der Fall ist damit nicht erledigt: Weder für Fanconi, der um seinen Ruf kämpft. Noch für die GKB, die sich unbequeme Fragen zu ihren Compliance-Regeln gefallen lassen muss.

Die Sicht Fanconis: unspektakulär

Fanconi selbst sieht sich rehabilitiert. Und will in die Gegenoffensive gehen: «Angesichts der Diffamierungen prüfe ich auch juristische Schritte.» Gegen wen er rechtlich vorgehen wolle, sagt er nicht. Möglich wäre eine Klage gegen diejenigen Kreise, hinter denen er die Herausgabe seines E-Mail-Verkehrs mit Benko vermutet, oder gegen einzelne Medienhäuser, die aus seiner Sicht sein Verhältnis mit Benko verzerrt dargestellt haben.

Die Geschichte, die den Mediensturm und die Untersuchung ausgelöst hat, ist aus Sicht von Fanconi unspektakulär. Er hat Benko Anfang 2020 über einen Kollegen, den er aus dem Verwaltungsrat einer börsenkotierten Bank kennt, erstmals getroffen. Einen Geschäftsmann, der auf ihn den Eindruck einer «gewinnenden und smarten Persönlichkeit» machte. Eine Fussnote im Alltag eines Kantonalbankpräsidenten. Die Kontaktpflege mit wichtigen potenziellen Geschäftspartnern gehört zum Pflichtenheft.

Von einem engen Verhältnis kann laut Fanconi nicht die Rede sein: «Unter dem Strich habe ich innerhalb von drei Jahren einige Geschäftskontakte und zwei private Kontakte vermittelt.»

Mehrere Monate nach dem ersten Treffen meldet sich das Umfeld Benkos bei Fanconi mit der Bitte um einen Kontakt bei der GKB. Er stellt diesen her und nimmt an einem ersten Treffen teil. In den Kreditvergabeprozess mischt er sich laut dem EY-Untersuchungsbericht vorschriftsgemäss nicht ein.

Ein Jahr nach dem ersten Kontakt von Fanconi mit Benko beteiligt sich die GKB mit anderen Kantonalbanken an einem Konsortialkredit an die Signa-Gruppe. Die Bündner sprechen 60 Millionen Franken. Der Kredit ist mit dem Globus-Gebäude an der Zürcher Bahnhofstrasse grundpfandbesichert, auch das ein völlig normaler Vorgang im Alltag einer Kantonalbank in der Grösse der GKB. «Die Beteiligung am Globus-Kredit wird von den Banken bis heute als attraktiv angeschaut», sagt Fanconi.

In drei Fällen beteiligt er sich privat an einzelnen Gesellschaften in Benkos weitverzweigter Signa-Gruppe. Doch die Beteiligungen liegen weit unter dem Schwellenwert von 20 Prozent Kapital oder Stimmen, ab dem er die Beteiligung der GKB laut internem Reglement melden müsste, was er dann auch nicht tut.

Fanconi meint: «Das Geld aus diesen Investments habe ich auch verloren.» Im Nachhinein könne man immer sagen, man hätte diese Anlagen nicht tätigen sollen. «Um jegliches Risiko zu vermeiden, könnte man auch sagen, dass Verwaltungsratspräsidenten von Kantonalbanken keine Kontakte mehr vermitteln und keine persönlichen Investments mehr tätigen sollen. Dann findet man aber kaum qualifizierte Personen mehr für diese Organfunktionen.» Das wäre nicht gut für die Wirtschaft und das Bankwesen, sagt er.

Die Sicht von aussen: problematisch

Die Eigenwahrnehmung Fanconis kontrastiert mit der Wahrnehmung seines Falls in der Finanzbranche und unter Compliance-Experten.

Ein Kantonalbank-Präsident, der anonym bleiben will, sagt, formal habe Fanconi wohl alles richtig gemacht. Zumindest ein latenter Interessenkonflikt lasse sich aber aufgrund seiner persönlichen Signa-Investments nicht negieren.

Deutlicher wird ein Compliance-Experte, der in der Vergangenheit selbst entsprechende Regeln für Banken aufgesetzt hat. Ein Interessenkonflikt sei ein Interessenkonflikt – unabhängig davon, ob das Investment 10000 oder eine Million Franken betrage, und unabhängig davon, ob man damit Geld verdient oder verloren habe. Sowohl Fanconis zwei Investments vor der Bewilligung des Konsortialkredits als auch jenes danach seien aus einer Compliance-Sicht problematisch.

Der in der Melde- und Offenlegungspflicht der GKB vorgesehene Schwellenwert von 20 Prozent öffne Tür und Tor für heikle Konstellationen. «Best practice» sei heutzutage ein Schwellenwert von null. Also, dass Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder alle ihre Beteiligungen offenlegen müssen.

Bei vielen grösseren Banken sei es sogar üblich, dass die Bankkader ihr Depot beim eigenen Arbeitgeber führen müssten, damit die Compliance-Abteilung jederzeit alle Transaktionen im Blick habe.

Als heikel beurteilt wird auch der zweite, inzwischen abgeschriebene Kredit der GKB an die Signa-Gruppe in der Höhe von 3Millionen Euro vom Oktober 2021, da es sich dabei um ein unbesichertes Darlehen handelt.

Die Prüfgesellschaft EY hat der GKB in ihrem Bericht die Überprüfung der bestehenden Regelungen im Umgang mit Interessenkonflikten empfohlen. Die Bank will «die Anregungen sorgfältig prüfen».

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